Wie ich morgens kaffeeschlürfend auf der noch beschatteten und leeren Terrasse saß, kam mir der Gedanke, ich könnte doch hier im Urlaub das erste Kapitel meines beabsichtigten Romans verfassen. Aus Erfahrung weiß ich, dass es danach viel einfacher ist, weiter zu machen. Bisher habe ich zwar schon einiges geschrieben, aber es sind unterschiedliche Ansätze, Erzählperspektiven und Erlebnisse. Ich bin von Natur aus eine „Drauflosschreiberin“. Wahrscheinlich auch so gewohnt durch meine Blogschreiberei. Ick setz mir hin, klapp den Läpptopp uff und lech los. Fuffzehn Minuten später bin ick fertich.

Leider klappt das bei dem größeren Romanprojekt nicht so gut, denn es führt dazu, dass ich zu viele unterschiedliche Texte erzeuge, die irgendwie nicht miteinander verschmelzen wollen. Also das erste Kapitel. Ick setz mir hin, klapp den Läpptopp uff und … koch mir erstmal Kaffee.

Doch jetzt! Ich fange an zu schreiben. Habe mir fest vorgenommen, auf dem Bahnsteig der U6 in Südberlin „Alt-Mariendorf“ mit der grölenden Klasse 5a zu beginnen, um dann ganz souverän den Bogen zur Diskothek Big Eden und den auf der Tanzfläche singenden Soldaten zu bekommen. Komisch. Die Tasten haben ein Eigenleben. Ich bleibe sehr ausführlich an der Berliner Mauer in Lichtenrade hängen. Wie ich mit meiner Freundin auf den hölzernen Hochsitz klettere und sie freche Sprüche mit den Grenzern austauscht. 1968 war das noch möglich. Ich rieche sogar das Gewitter, das gerade heraufzieht und sehe uns nach Hause rennen. Eigentlich renne nur ich. Die Freundin hat sich mein Fahrrad geschnappt, um schneller zu sein. Ich renne, keuche, renne, laufe, ab und zu heule ich ein bißchen, weil ich noch klein bin und ich Angst habe so ganz allein im Gewitter. Als ich ankomme, bin ich vollkommen erledigt und klatschnass. Das Gewitter hat gerade aufgehört. Ich schaue auf die Vögel, die sich in langen Reihen auf die Telefonleitungen entlang der Straße gesetzt haben. Glitzernde Tropfen hängen unter ihren kleinen Füßen, mit denen sie sich auf den schwarzen Kabeln festhalten.

Und wie soll ich jetzt bitte zehn Jahre später in die Disko Big Eden gelangen und tanzende Soldaten beschreiben?????